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Aurum Training im Test: Muskelaufbau in 6 Minuten pro Woche?

  • Jan Stutz, Dr. sc. ETH
  • 10. Apr.
  • 9 Min. Lesezeit

Aktualisiert: vor 7 Tagen

Teures Versprechen oder sinnvolle Zeitersparnis? Was das Training wirklich bringt – und wie du zu Hause ähnlich effektiv trainieren kannst.



«Das Leben ist zu kurz, um es im Fitnessstudio zu verbringen.» So wirbt Aurum Training auf einem Schaufenster an einer Bushaltestelle in Zürich Oerlikon. In nur 6 Minuten pro Woche soll man Muskeln aufbauen und abnehmen können – für 2700 Franken pro Jahr.


Ich bin skeptisch – und zugleich neugierig – und buche ein Probetraining. Wie ist das Training aufgebaut? Gibt es Daten, um ihre Behauptungen zu stützen? Kann ich daraus etwas lernen – und lässt sich ein solches Training, falls es wirkt, auch zu Hause umsetzen?

 


Das Probetraining


Montagmorgen, 8 Uhr. Ein freundlicher Mitarbeiter empfängt mich und zeigt mir das Studio. Es wirkt sauber, modern und hochwertig. Trainiert wird hier mit isokinetischer Biofeedback-Technologie. Das bedeutet, dass das Trainingsgerät in Echtzeit auf meine Muskelkraft reagiert und den Widerstand automatisch anpasst. Ich sehe während der Übung auf einem Bildschirm, wie viel Kraft ich aufwende.


Das Training besteht aus sechs Übungen, die jeweils eine Minute dauern. Dazwischen gibt es jeweils eine Minute Pause – insgesamt dauert das Training also elf Minuten, ohne Aufwärmen. Die Übungen sind mehrgelenkig und sprechen alle grossen Muskelgruppen an: Beinpresse, Brustpresse, Ruderzug, Latzug, Rückenstrecker und Schulterpresse. Das Training war sehr intensiv – ich war definitiv an meinem Limit, auch wenn nur für kurze Zeit. Nach dem Probetraining wollte ich besser verstehen, was wirklich hinter der Methode steckt – und ob sie hält, was sie verspricht.

 


Vor- und Nachteile


Was spricht für das Aurum-Training? Erstens: Man kann von der ersten bis zur letzten Sekunde am eigenen Intensitätslimit trainieren – auch dank der 1:1-Betreuung. Das ist ein Vorteil, denn eine hohe Trainingsintensität ist ein zentraler Faktor, um Muskelanpassungen anzuregen (1). Mit klassischem Training ist das schwieriger, da die Belastung in den ersten Wiederholungen oft noch gering ist.


Auch die Übungsauswahl hat mir gefallen. Es handelt sich um ein mehrgelenkiges Ganzkörpertraining mit konzentrischen und exzentrischen Muskelkontraktionen. Das bedeutet, dass die Muskulatur sowohl beim Verkürzen (konzentrisch) als auch beim Nachgeben gegen den Widerstand (exzentrisch) aktiv arbeitet. Bei wenig verfügbarer Zeit stellt dies eine effektive Methode dar, um sowohl Kraft als auch Muskelmasse aufzubauen (2).


Praktisch dabei: Diese Prinzipien lassen sich auch ohne Hightech-Studio ganz einfach zu Hause anwenden – mehr dazu weiter unten.


Was spricht gegen das Aurum-Training? Erstens: der Preis. 2700 Franken pro Jahr für 6 Minuten Training pro Woche bedeuten 52 Franken pro Training – das sind fast 10 Franken pro Minute! Zweitens: Das Training bleibt immer gleich. Die sechs Übungen werden über das ganze Jahr hinweg wiederholt. Das ist ein Nachteil, denn Abwechslung im Training führt zu besseren Ergebnissen und höherer Motivation (3,4). Der grösste Kritikpunkt liegt jedoch in der sehr kurzen Trainingszeit – bei gleichzeitig grossen Versprechen in Bezug auf Muskelaufbau und Gewichtsreduktion. Die Zeit, während der ein Muskel unter Spannung steht („time under tension“), ist ein entscheidender Faktor für Kraft- und Muskelzuwachs (5). Reicht da eine Minute pro Muskelgruppe pro Woche?

 


Studienlage: Reicht ein Training pro Woche?


Die meisten Richtlinien zu Bewegung und Gesundheit – darunter auch jene des Bundesamts für Sport – empfehlen zur Förderung von Gesundheit und Wohlbefinden mindestens zwei Krafttrainings pro Woche (6), jeweils mit einer Dauer von etwa 30 bis 45 Minuten. Doch was, wenn das Ziel lediglich die Steigerung der Muskelkraft bei möglichst geringem Zeitaufwand ist? Reicht dann ein Training pro Woche aus?


Eine Zusammenfassung von Krafttrainingsstudien scheint das zu bestätigen – insbesondere bei Anfänger*innen im Krafttraining (7) und/oder älteren Personen mit wenig Trainingserfahrung (8,9). Doch funktioniert unter diesen Voraussetzungen auch das Aurum-Training?


Diese Frage lässt sich derzeit nicht abschliessend beantworten, da es noch keine Studie gibt, die das Aurum-Training direkt untersucht hat. Es existiert jedoch eine Studie mit einer ähnlich niedrigen Trainingsdosis (9): In diesem Experiment führten 18 untrainierte ältere Personen entweder einmal pro Woche (Gruppe 1) oder zweimal pro Woche (Gruppe 2) sechs Übungen mit je einem Satz à 10–15 Wiederholungen bis zur vollständigen Muskelermüdung durch. Die Trainingsdauer wurde nicht angegeben, dürfte aber bei etwa 20–30 Minuten gelegen haben. Nach 9 Wochen zeigten beide Gruppen einen Kraftzuwachs, wobei Gruppe 2 leicht bessere Ergebnisse erzielte als Gruppe 1 (siehe Abbildung 1).


Graphik effektivität Krafttraining

Abbildung 1: Kraftzuwachs nach 9 Wochen Training bei älteren, untrainierten Teilnehmenden mit einem oder zwei Trainings pro Woche (9).

 


In dieser Studie wurde jedoch keine Kontrollgruppe verwendet. Der beobachtete Kraftzuwachs könnte deshalb auch auf einen Lerneffekt und nicht ausschliesslich auf Trainingseffekte zurückzuführen sein. Eine weitere Studie, die ein einmal wöchentliches Training mit einer Kontrollgruppe verglich, zeigte, dass acht Übungen zu je drei Sätzen mit ca. zehn Wiederholungen bei hoher Intensität die Muskelkraft von Oberkörper und Beinen bei älteren, untrainierten Personen verbessern kann (8). Auch hier wurde die Trainingsdauer nicht genau angegeben, dürfte aber bei etwa 30–45 Minuten gelegen haben.



Zwischenfazit


Diese Ergebnisse bestätigen, dass eine einzige Trainingseinheit pro Woche über einen Zeitraum von 2–3 Monaten zu einem messbaren Kraftzuwachs führen kann. Ob jedoch sechs Minuten pro Woche ausreichen, ist fraglich – denn die kürzeste Trainingsdauer, die in einer kontrollierten Studie einen Effekt gezeigt hat, lag bei rund 30 Minuten.


Basierend auf den vorhin besprochenen Vorteilen des Aurum-Trainings kann ich mir vorstellen, dass auch hier nach 2–3 Monaten ein kleiner Kraftzuwachs messbar sein könnte. Das müsste allerdings erst in einer entsprechenden wissenschaftlichen Studie bestätigt werden.


Für den Einstieg ins Krafttraining sind diese Erkenntnisse ermutigend – denn selbst eine moderate Kraftsteigerung kann sich positiv auf die Alltagsfunktionen auswirken (8). Wer später gezielt mehr Muskelmasse oder Kraft aufbauen möchte, profitiert zusätzlich von 2–3 Trainingseinheiten pro Woche mit 2–3 Sätzen à 8–15 Wiederholungen pro Übung (7,10–12).



Trainingsalternativen für zu Hause


In der Schweiz betreiben nur etwa 13 % der Bevölkerung regelmässig Krafttraining (13). Umso wichtiger ist es, die Hürden für den Einstieg möglichst niedrig zu halten. Im Folgenden stelle ich zwei Trainingsmethoden vor, mit denen sich die Muskelkraft effektiv steigern lässt – zeitsparend (nur einmal pro Woche), praktisch (zu Hause), kostengünstig (ohne Equipment) und wirksam – basierend auf wissenschaftlich belegten Prinzipien (2,14).


Option 1 orientiert sich am Aurum-Ansatz und eignet sich gut zum Ausprobieren. Für die klassische Trainingsmethode (Option 2) ist die Studienlage besonders solide. Beide Trainingsformen lassen sich bei Bedarf auf zwei Einheiten pro Woche steigern – etwa, wenn du stärkere Fortschritte erzielen möchtest.


Vor dem Training empfiehlt sich ein kurzes Warm-up: Beweg dich etwa drei Minuten lang mit einfachen Ganzkörperübungen – zum Beispiel mit Kniebeugen, Hampelmännern, Schulterkreisen, Hüftrotationen und lockeren Rumpfbewegungen. Wenn du möchtest, kannst du deinen Fortschritt auch selbst überprüfen – etwa durch einen kleinen Krafttest mit Liegestützen oder Kniebeugen vor und nach dem Trainingszeitraum.


Infobox: Krafttraining mit dem eigenen Körpergewicht

Muskeln spüren keinen Unterschied, ob du dein Körpergewicht oder ein externes Gewicht bewegst – entscheidend ist die Intensität. Bei vergleichbarer Belastung ist der Effekt auf Kraft und Muskelmasse ähnlich wie bei Maschinen oder Hanteln (15).

 


 

Option 1: Die Aurum-Alternative für zu Hause


Trainingshäufigkeit: Einmal pro Woche

Dauer: 17 Minuten, inkl. Pausen

So geht es: Das Training besteht aus sechs Übungen, die jeweils zwei Minuten lang ausgeführt werden. Zwischen den Übungen folgt jeweils eine Minute Pause. Führe in diesen zwei Minuten zehn kontrollierte Wiederholungen aus – wobei eine Wiederholung 12 Sekunden dauert (6 Sekunden nach unten, 6 Sekunden nach oben). An den Endpunkten kannst du die Position jeweils kurz halten.


Tipp: Verwende eine Uhr oder App, die alle sechs Sekunden ein Signal gibt.


Um die Intensität während der zwei Minuten möglichst hochzuhalten, passe die Übung bei Bedarf flexibel an – nach dem Prinzip eines sogenannten Drop-Sets (die Belastung wird reduziert, um länger intensiv trainieren zu können). Wenn du merkst, dass du das aktuelle Niveau nicht mehr halten kannst, wähle eine leichtere Variante oder ein leichteres Gewicht, verringere den Bewegungsumfang oder stütze dich leicht ab. So bleibst du durchgehend im effektiven Belastungsbereich. Wichtig: Achte stets auf eine saubere und kontrollierte Ausführung.



Die Übungen

kniebeugen

Kniebeugen (Beine): Stelle die Füsse schulterbreit auf, beuge die Knie und senke die Hüften nach hinten, als würdest du dich hinsetzen. Kehre dann in die aufrechte Position zurück. Einfacher: An einer Wand oder einem Stuhl festhalten. Nicht so tief heruntergehen. Schwieriger: In einer tieferen Position starten und nicht ganz hochkommen (Bewegung in der unteren Hälfte). Zusätzliche Gewichte (z. B. Flaschen) verwenden.

plank

Plank (Rumpf): Stütze dich mit den Unterarmen auf dem Boden ab. Der Körper bildet eine gerade Linie von Kopf bis Fuss. Halte die Position 2 Minuten lang so stabil wie möglich. Einfacher: Plank mit gestreckten Armen – entweder auf dem Boden oder mit den Händen auf einer Erhöhung (z. B. Bank oder Stuhl). Schwieriger: Arme weiter nach vorne schieben. Ein Bein alternierend abheben.

good mornings

Good Mornings (Rückenstrecker): Stelle dich hüftbreit hin und halte eine 0.5-l-Flasche oder ein Buch vor der Brust. Beuge den Oberkörper mit geradem Rücken langsam aus der Hüfte nach vorne und richte dich kontrolliert wieder auf. Achte darauf, den Rücken während der gesamten Bewegung gerade zu halten und nicht ins Hohlkreuz zu fallen. Einfacher: Ohne oder mit weniger Gewicht. Weniger weit nach vorne beugen. Schwieriger: Nur im unteren Bewegungsbereich arbeiten (nicht ganz aufrichten). Mit schwererem Gewicht trainieren (z. B. 1-l-Flasche oder mehr).

leigestütze

Liegestütze (Brust): Stütze dich mit den Händen auf dem Boden ab. Der Körper bildet eine gerade Linie von Kopf bis Fuss. Senke dich langsam ab und drücke dich kontrolliert wieder hoch. Einfacher: Mit den Knien am Boden oder mit den Händen auf einer erhöhten Fläche (z. B. Bank oder Tisch – je höher, desto leichter). Schwieriger: Mit den Füssen erhöht (z. B. auf einem Stuhl oder einer Treppe).

Elbow Push (oberer Rücken): Setze dich auf den Boden, das Gesäss bleibt am Boden, die Knie sind angewinkelt, die Füsse flach aufgestellt. Stütze dich mit den Ellbogen hinter dem Körper ab und drücke dich nach oben, sodass sich der Oberkörper leicht vom Boden abhebt. Danach kontrolliert wieder absenken. Einfacher: Rücken an eine Wand lehnen und die Ellbogen langsam gegen die Wand drücken. Schwieriger: Mit gestreckten Beinen trainieren – dadurch wird der Hebel länger und der Rumpf stärker gefordert.

Rudern mit band

Alternative zu Elbow Push: Rudern mit Widerstandsband: Wenn du ein Widerstandsband zur Verfügung hast, kannst du diese Übung anstelle des Elbow Push machen. Sie ist besonders effektiv für den oberen Rücken.Setze dich mit gestreckten Beinen auf den Boden. Lege das Band um deine Füsse und halte die Enden mit beiden Händen. Ziehe die Arme langsam in einer Ruderbewegung nach hinten, die Ellbogen eng am Körper, dann kontrolliert zurückführen. Einfacher: Band mit leichtem Widerstand verwenden oder Bewegung nur bis zur halben Strecke ausführen. Schwieriger: Band mit stärkerem Widerstand verwenden.

Seitheben

Seitheben (Schulter): Stehe aufrecht und halte in jeder Hand eine 0.5-l-Flasche. Hebe beide gestreckten Arme langsam seitlich bis auf Schulterhöhe und senke sie ebenso kontrolliert wieder ab. Einfacher: Ohne oder mit weniger Gewicht. Kleinere Bewegungsamplitude. Schwieriger: Nur im oberen Bewegungsbereich arbeiten (Arme nicht ganz absenken). Mit schwereren Gewichten (z. B. 1-l-Flaschen) trainieren.




 

Option 2: Das klassische Körpergewichtstraining für zu Hause


Trainingshäufigkeit: Einmal pro Woche

Dauer: Etwa 30–40 Minuten

So geht es: Dieses Training folgt dem klassischen Prinzip von drei Sätzen pro Übung. Ein Satz besteht aus einer bestimmten Anzahl an Wiederholungen (z. B. 10 Kniebeugen am Stück), gefolgt von einer kurzen Pause.


Führe dieselben sechs Übungen wie bei Option 1 aus – jedoch nicht nach Zeit, sondern in Wiederholungen. Wähle für jede Übung eine Variante, bei der du etwa 5–15 saubere Wiederholungen pro Satz schaffst. Mach drei Sätze pro Übung, mit 1–2 Minuten Pause zwischen den Sätzen, je nach Belastung. Danach zur nächsten Übung übergehen. Bei der statischen Übung Plank: Halte die Position so lange wie möglich – ebenfalls in drei Durchgängen mit Pausen dazwischen.


Jeder Satz sollte möglichst nah an dein persönliches Limit führen, ohne dass die Bewegungsausführung leidet. Diese Methode ist einfach umzusetzen, effektiv – und lässt sich mit zunehmender Kraft durch mehr Wiederholungen oder schwierigere Varianten stufenweise intensivieren.

 


 

Fazit


Eine Steigerung der Muskelkraft ist auch mit nur einem Training pro Woche möglich. Dafür braucht es weder teure Maschinen noch ein Fitnessabo. Ein Training zu Hause kann genauso effektiv sein – siehe Optionen 1 und 2.


Wenn du dir beim Einstieg Unterstützung wünschst – etwa um die passende Übungsvariante zu finden oder deine Technik zu verbessern – unterstütze ich dich gerne persönlich vor Ort in Zürich.





Referenzen


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